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Ausgearbeitet 1990 von Wolfram Däumel für den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club, Landesverband Berlin(West) e.V.
Technische Information: Radfahrstreifen & Mehrzweckstreifen

Mehrzweckstreifen

Grafik: Straßenaufteilung bei Verwendung von Mehrzweckstreifen - Verkehrsraum Radfahrer und Auto. Von Mehrzweckstreifen wird dann gesprochen, wenn von der Fahrbahn (ohne Parkstreifen) an den Rändern jeweils ein Streifen baulich abgetrennt wird. Dies kann durch einen Bord, einen anderen Belag oder durch eine Pflastersteinreihe geschehen. Damit ergibt sich die Straßenaufteilung Parkhafen - Fahrbahn (bestehend aus Mehrzweckstreifen - Hauptfahrstreifen - Mehrzweckstreifen) - Parkhafen.

Da keine Markierung nach StVO aufgebracht wird, steht die gesamte Fahrbahn allen Verkehrsarten zur Verfügung. In der Regel benutzen Pkw den Hauptfahrstreifen, Lkw bei Begegnungen den Hauptfahrstreifen und den Mehrzweckstreifen, Radfahrer den Mehrzweckstreifen. Durch diese Aufteilung wirkt die Straße schmaler, ohne dass der für Lkw-Begegnungen benötigte Platz verloren geht. Ziel ist eine Reduzierung der gefahrenen Geschwindigkeiten und das Schaffen eines Sicherheitsraumes für den Radverkehr.

Beim Umbau der Reichenberger Straße und der Mariannenstraße in Kreuzberg kamen erstmalig Mehrzweckstreifen zur Anwendung. Im Fall der Reichenberger Straße war ursprünglich eine Fahrbahnbreite von 7,00m, Parkhäfen von 2,00m Breite und die Anlage von Radwegen geplant. Die dortigen Gewerbetreibenden sahen dies als nicht ausreichend für ihren Lkw-Verkehr an und erreichten einen Baustopp. Die Fahrbahnbreite wurde auf 7,50m, die der Parkhäfen auf 2,50m erhöht. Dies hätte einen gefährlich schmalen Radweg zwischen parkenden Kfz und Bäumen zur Folge gehabt. Im Bauausschuss der Bezirksverordnetenversammlung einigten sich die Fraktionen daher auf den Verzicht des Radwegebaus. Stattdessen sollte ein asphaltierter Mehrzweckstreifen auf der Fahrbahn angelegt werden. Dies stieß auf den Widerstand von Stadtplanern, die dadurch das Stadtbild gefährdet sahen. Als Kompromiss wurde der Mehrzweckstreifen wie die Hauptfahrbahn auch mit Großpflaster versehen. Die vorgeschlagene Auswahl besonders flacher Steine und ein gleichmäßiges Vergießen waren aus technischen Gründen nicht möglich. Die größtenteils holperige Fahrbahnoberfläche ist sehr hinderlich für den Radverkehr. Die optische Wirkung der Mehrzweckstreifen zeigen folgende Fotos.

Foto: Erster nach ursprünglichen Plänen umgebauter Abschnitt der Reichenberger Straße in Berlin. Foto: Nach Umplanung entstandener neuer Querschnitt der Reichenberger Straße in Berlin. Links: Ursprüngliche Planung mit 7,00m breiter Fahrbahn, die durch eine Pflastersteinreihe in der Mitte in zwei Fahrstreifen aufgeteilt ist Rechts: Neuplanung mit 7,50m breiter Fahrbahn mit Mehrzweckstreifen und ohne Mittelmarkierung.

Bei der Straßengestaltung werden unendlich viele Kompromisse zugunsten des Kfz- Verkehrs gemacht. Der ADFC unterstützt zwar eine an den historischen Gegebenheiten orientierte Straßengestaltung, allerdings müssen auch Kompromisse zugunsten des Fahrrades als einzigem stadtverträglichem Verkehrsmittel gemacht werden. Die Anlage eines asphaltierten oder aus glattem Kleinpflaster bestehenden Mehrzweckstreifens in einer sonst aus Großpflaster bestehenden Fahrbahn ist eine Notwendigkeit für die Sicherheit und Attraktivität des Radverkehrs. Es ist nicht einzusehen, dass ein solcher Streifen das Erscheinungsbild der Straße mehr beeinträchtigen soll, als die Reihen bunten Blechs am Straßenrand oder die roten Betonstein-Radwege auf den Gehwegen!

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