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Dissertation Gerd Däumel 1960, erschienen als Buch 1961 im Verlag Hch. Debus - Geisenheim/Rheingau
Über die Landesverschönerung

Auch die Entwicklung der Landeskultur, soweit sie für die spätere Landesverschönerung wichtig und interessant ist, soll vorgetragen werden. Für die im ganzen deutschen Raum vor sich gehende Entwicklung wird das Beispiel Bayern herangezogen, nicht weil dort besonders hervorragende und die anderen Länder übertreffende Lösungen zu finden wären, sondern weil in Bayern durch das Zusammenfinden der Landeskultur und der landschaftlichen Gartenkunst die Landesverschönerung als allgemein deutsche Bewegung entstand. Die Landeskultur in Bayern hatte mehrere Wurzelhorizonte, von denen einer in hygienischen und sanitären, ein anderer in liberalen und sozialem Bestrebungen lag. Der hygienische Zweig ging von dem Wunsch mach „allgemeiner Salubrität” und von dem Verlangen nach Reinhaltung der Luft aus, wobei der Weg von verbesserter Luft zum verbessertem Klima führte, als dessen Voraussetzung wiederum eine allgemeine Kultur des Landes gefordert wurde. Liberale und soziale Forderungen beschäftigten sich mit der Bauernbefreiung, der Ablösung der alten Rechte und Pflichten und all der Bindungen, die einer modernem Landwirtschaft im Wege waren.

Die ästhetischen Forderungen des Landschaftsgartens und die verschiedenen Belange der Landeskultur werden vom dem Baurat Dr. Vorherr im München, unter Einbeziehung des weiten Gebietes der Architektur zu einer großartigem Synthese gebracht, im dem er als Ziel und Aufgabe der Landesverschönerung das große Gesamtkunstwerk des Landes aufstellt.

Baurat Dr. Vorherr wird von allen Zeitgenossen, die über Landesverschönerung schreiben, als Begründer der „Lehre” angesehen und gefeiert. Es ist deshalb notwendig, einige biographische Notizen vorzulegen, und über seine Tätigkeit und seinen wirklichen Beitrag zur Landesverschönerung zu berichten.

Vorherrs Lehre erfuhr durch einige Zeitgenossen verschiedene Ergänzungen und Abwandlungen. Da ist zuerst die Sonnenbaulehre des Dr. Faust aus Bückeburg zu nennen. Faust hatte vor 1820 den Plan einer idealem Stadt veröffentlicht, in der als entscheidendes Merkmal die Ausrichtung aller Häuser mit ihren bewohnten Seiten nach Süden und die Anlage von großen Rasenplätzen vor den Wohnseiten vorgesehen waren. Vorherr erkannte diese Ordnung als den wichtigsten Beitrag der Architektur zur Landesverschönerung an.

Eine Gruppe enger Mitarbeiter Vorherrs, die wesentliche Beiträge zur Lehre der Landesverschönerung lieferten, vor allem aber durch die Herausgabe von Büchern der gemeinsamen Sache dienten, bestand aus dem Baumeister Voit, dem Pfarrer Schuderoff und dem Finanzbeamten H. v. Nagel. Von Voit stammt die erste formelhafte Zusammenfassung des Aufgabenbereiches der Landesverschönerung: Im Jahre 1821 veröffentlichte er eine Arbeit mit dem Titel: „Über Verschönerung eines Landes durch rationelle Landwirtschaft ... dann durch Gartenkunst und Architektonik” (301).

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