Gradmann vertritt die Meinung, daß die Landschaftspflege nicht im Naturschutz, im Erhalten des Ursprünglichen, aufgehen solle, sondern daß sie sich zu einer schöpferischen Kunst ähnlich der Gartenkunst oder der Baukunst entwickeln möge. Seine Bekanntschaft mit den früheren Vertretern der Landesverschönerung ist neben vielen Einzelnheiten der aufgeführten Maßnahmen und Vorschläge, vor allem auch an seiner Terminologie abzulesen. So verwendet er das Wort „Landesverschönerung” und spricht häufig von der „Verschönerung des Landes”.
In seinem Geleitwort zu Linenkämpers Buch: „Schützt die Natur, pflegt die Landschaft” (176) weist Professor Theodor Heuss im Zusammenhang mit der Landespflege auf die Tätigkeit der Verschönerungsvereine hin und fragt: „Ich weiß nicht, wann das Wort „Verschönerungsverein” erfunden wurde und von wem”. Aus eigener Beobachtung und aus Erlebnissen mit seinem Vater kennt Heuss noch die betriebsame Arbeitsweise der Vereine, und er weist darauf hin, daß diese Tätigkeit: „ damals tüchtigen Menschen als eine Pflicht gegenüber den Mitbürgern erschien”. Die von den Verschönerungsvereinen geschaffenen Anlagen waren häufig derart, daß Fachleute vom „Verschandelungsvereinen” sprachen, wie Littmann in seiner Schrift über die Verschönerungsvereine betrübt feststellte (177). Ihre Tätigkeit war auf Schmuck und Dekoration gerichtet, sie verstanden unter Verschönern = Garnieren, und nicht Verbessern. So gerieten unter den Händen der Dilettanten „gärtnerische Anlagen” in die freie Natur, wo sie nichts zu suchen hatten, so entstanden die gefürchteten Knüppelbänke und Borkenhäuschen. Freilich, auch die Verschönerungsvereine sind ein Glied in der Kette, vielleicht ein weniger rühmliches, die von der Landesverschönerung zur modernen Landespflege geführt hat.
Landesverschönerung, als die Idee: „...den großen Gesamtbau der Erde auf höchster Stufe...” zu errichten, entsteht aus der Vereinigung des Gedankengutes und der Vorstellungen des Landschaftsgartens mit denen der frühen Landeskultur. Es ist daher notwendig zunächst die beiden Ausgangspositionen des Landschaftsgartens und der Landeskultur näher darzulegen.
Mit dem Ziel einer Nachahmung der Natur entsteht der Landschaftsgarten im Verlauf des 18. Jahrhunderts in England. Er ist Ausdruck tiefgreifender kultureller, soziologischer und wirtschaftlicher Veränderungen. Auf eine Übergangsperiode, in der geometrische und landschaftliche Elemente im gleichen Garten zusammenwirken, folgt der frühe Landschaftsgarten, dessen Hauptmerkmale eine Fülle sentimentaler Einbauten und literarischer Anspielungen sind. Auf den frühen folgt der klassische Landschaftsgarten, in Deutschland mit den Schöpfungen Sckells, Lennés, und des Fürsten Pückler, in dem gleichzeitig mit dem Höhepunkt der klassischen Literatur die höchste Vollendung des Landschaftsgartens erreicht wird (101, S.58). Mit dem romantischen Landschaftsgarten beginnt der Verfall, der zu einem vorläufigen Ende des Gartenstils führt. Jede der geschilderten einzelnen Phasen zeigt ein spezifisches Verhältnis zur freien Landschaft außerhalb der Gärten und Parks.