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Gerd Däumel, erschienen in "DAS GARTENAMT", Heft 8 und 9/1972
GEISENHEIM 1872—1972
Hundert Jahre Gartenarchitektur und Landschaftspflege

In mehreren Arbeiten beschäftigte sich Dr. Hoffmann mit der Auswahl speziell für Stadtstraßen geeigneter Baumarten. Weitere von ihm bearbeitete Versuche betrafen die Rasendüngung mit Floranid. Noch zwei weitere Themen wurden damals aufgenommen: Erstens die Frage nach der Bodenmodellierung und Erdplastik als wichtiges Gestaltungsmittel in der Garten- und Landschaftsarchitektur. Zweitens wurde der Fragenkomplex der Pflanzenverwendung in Gärten und Grünanlagen, also außerhalb der freien Landschaft, angesprochen. Beide Themen klein +gen später bei "Landart" und bei Betrachtungen zur "Pflanzentextur" wieder auf. Seit dem Wintersemester 1962/63 wird das Fach Sportplatzbau von Dipl.-Ing. agrar. Brodjanac - erstmalig an einer Ingenieurschule in Deutschland überhaupt - gelesen und seit 1964 im Anschluß an die Vorlesungen über Kulturtechnik vorgetragen.

Ende Februar 1964 verließ Hoffmann Geisenheim, wodurch eine harmonische und fruchtbare Zusammenarbeit aufhören mußte. Zuvor hatte er sich intensiv mit Fragen zur Geschichte der Gartenkunst befaßt. Aus dieser Tätigkeit ging sein Beitrag zu dem dreibändigen Standardwerk "Geschichte der deutschen Gartenkunst" hervor, das Hennebo und Hoffmann gemeinsam herausgaben. Auch seine neue Tätigkeit lag auf dem gleichen Gebiet: Er übernahm das Gartenressort bei der Verwaltung der staatlichen Schlösser und Gärten in Hessen. Als Gastdozent für das Fach Geschichte der Gartenkunst ist er bis heute in Geisenheim tätig.

Ein Jahr zuvor, am 1.3.1963, war auf eine neu geschaffene Stelle Diplomgärtner Gerd Kuder [97] eingetreten, mit dem besonderen Auftrag, die Landschaftspflege in Lehre und Wissenschaft zu vertreten. Die von Hoffmann freigelassene Stelle wurde am 1.3.1964 von Diplomgärtner Martin Gruhler [98] besetzt, der von seinem Vorgänger die Lehr- und Arbeitsgebiete des Garten- und Landschaftsbaues und des öffentlichen Grünwesens übernahm.

In den ersten Jahren seiner Zugehörigkeit zum Institut beschäftigte sich Kuder mit grundsätzlichen Untersuchungen über die standortgemäße Bepflanzung von Kraftverkehrs-Schnellstraßen, wobei folgende Punkte vordringlich behandelt werden mußten:

  1. Entwicklung pflegeextensiver Leitpflanzungen im Seitenraum.
  2. Aufbau nachhaltig wirksamer Windschutz- und Blendschutzpflanzungen auf schmalen Mittelstreifen unter Berücksichtigung maschineller Pflege und Verjüngung.
  3. Möglichkeiten und Grenzen der Schematisierung standortgemäßer Gehölzkombinationen für größere Streckenabschnitte.
  4. Rationalisierung und Darstellung von Bepflanzungsplänen durch Einsatz moderner graphischer Hilfsmittel.

Die grundsätzlichen Untersuchungen wurden im Jahre 1964 in einem Großbeispiel der Autobahn-Eckverbindung Mönchhof-Darmstadt, im ersten Bauabschnitt, praktisch erprobt.

Zur Rationalisierung der Herstellung von Straßen-Bepflanzungsplänen wurden verschiedene Verfahren entwickelt und untersucht, wobei die Verwendung hochtransparenter selbstklebender Lichtpausfolien und reproduzierbare Plansymbole im Abreibe-Verfahren sich besonders bewährten. Die Ergebnisse der Arbeiten fanden ihren Niederschlag in Veröffentlichungen von Klucken [99] und in der Schriftenreihe der Bundesanstalt für Vegetationskunde, Naturschutz und Landschaftspflege, Heft 1, 1966 [100].

Mitte 1964 wurde Kuder zum Kreisbeauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege im Rheingaukreis ernannt. Für die Beratung und Oberaufsicht bei Planung und Ausbau der neuen Kreissportanlage wurde der Dozent für Sportplatzbau Brodjanac als Kreisbeauftragter eingesetzt. Unterricht im Waldbau erteilte Forstmeister Beck aus Wiesbaden 1947 und 1948. Wesentlich länger dauerte der Lehrauftrag, den der damalige Oberforstmeister Wolfram Pflug [101] aus Mainz wahrnahm (1956 - 1964). In seinen Vorlesungen ging er vom Wald aus und zeigte dessen Einfluß auf die Landschaft, sowohl im Siedlungs- als auch im Agrarbereich.

Für ein in den 60er Jahren eingerichtetes Fotolabor wurde 1962 die Planstelle für eine Fotolaborantin geschaffen und von 1962 bis 1964 mit Christel Seifert, von 1964 bis 1965 mit Anita Pröllochs und von 1965 bis 1966, dem Ubergang an das Hauptlabor, mit Barbara Klein besetzt. Von 1963 bis 1964 war Heinz Klucken aus Rayen als Ingenieur angestellt und kurze Zeit 1966 auch Volkmar Heym, bis er sein Studium an der P. H. in Wilhelmshaven fortsetzte. Von 1968 bis zu seiner Überleitung an die Fachhochschule 1971 gehörte Wolfgang Velte [102] zum Institut, mit vielerlei Planungsarbeiten, vor allem aber mit der Aufsicht über die Außenanlagen beschäftigt.

Über die Begrünung militärischer Objekte erarbeitete Gruhler Grundsätze:

  1. Die landschaftliche Einbindung hat streng nach ökologischen Gesichtspunkten zu erfolgen.
  2. Die Anlagen sind sowohl mit "sozialem Grün" als auch in geringem Maße mit "repräsentativem Grün" zu versehen.
  3. Es kann nur mit geringer Pflege gerechnet werden.

Seit 1966 sind vom Berichterstatter Fragen der Planungsmethodik und Planungstheorie bearbeitet worden. Ganz allgemein wird Planung als die Vorbereitung eines vernunftgemäßen Handelns aufgefaßt und damit zum Gegenteil eines opportunistischen Vertrauens auf den Zufall erklärt. Bei allen uns interessierenden Planungsebenen - Landesplanung, Regional-, städtebauliche oder Grünplanung - kann der gleiche Arbeitsgang angenommen werden, der von einer Vorplanung (Allgemeine Grundlagen; Programm) zur Planung (Entwurf; Autorisierung) und Realisierung (Ausführung; Erhaltung) in einer Reihe von Entwicklungsstufen führt. Eine Wertung der verschiedenen Planungsstufen ergibt, daß Mangel an Sorgfalt in der ersten, das Fehlen wissenschaftlich begründeter Unterlagen in der zweiten, wenig Talent oder geringe Schöpferkraft in der dritten und das Übersehen der vierten Stufe schon manchem Entwurf und damit seinem Hersteller geschadet haben, ebenso wie den Zielen und Absichten der Planung überhaupt. Geringer Einsatz in der fünften Stufe gefährdet die Verwirklichung, die Nichtbeachtung der letzten schließlich läßt das gelungene Werk in Kürze verkommen. Die Brauchbarkeit des Verfahrens wurde in Modellentwürfen untersucht. Dabei haben sich folgende Hinweise auf die Planungsmethodik ergeben:

  1. Das Sammeln von Fakten und Daten, die zu leitenden Grundsätzen, zu Richtlinien für die Entwurfsarbeit führen, sollte nur noch mit Methoden geschehen, die eine Behandlung durch EDV gestatten.
  2. Zur Auswertung des gesammelten Materials und zur Aufstellung des Programmes sind Verfahren anzuwenden, die aus einer Verbindung statistischer Methoden mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung bestehen (Stochastik).
  3. Bei der Darstellung sind moderne Zeichenverfahren zu verwenden, wobei das Zeichnen mit der Hand weitgehend durch mechanische, fotografische und anderweitige Reproduktionsverfahren zu ersetzen ist. Der Einsatz programmierter Zeichengeräte (Plotter) ist zwar vorläufig nur in der Industrie allgemein verbreitet, wird jedoch auch bei Planungsbehörden praktiziert (Straßenbau-, Wasserbau-, Vermessungsämter), Schriften, Signaturen, Schraffuren werden heute vielfach gestempelt oder von industriell vorgefertigten Blättern übertragen.
  4. Bei Realisierung umfangreicher oder komplizierter Planungen sollte als vorzügliches Hilfsmittel die Netzplantechnik eingesetzt werden.
  5. Für Betriebe des Garten- und Landschaftsbaus kann die Netzplantechnik Probleme der betriebsinternen Planung vorzüglich lösen. Eine interessante Erweiterung der Methode ist möglich, wenn die Einsatzplanung von Arbeitskräften und von Betriebsmitteln einbezogen wird.
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