Däumel::Archiv >> Gerd Däumel >> Über die Landesverschönerung >> Seite 5 | Impressum
Dissertation Gerd Däumel 1960, erschienen als Buch 1961 im Verlag Hch. Debus - Geisenheim/Rheingau
Über die Landesverschönerung

Einleitung

Landespflege als Aufgabe, die nachhaltige Fruchtbarkeit und die mögliche Leistungskraft eines Gebietes planmäßig zu erschließen, zu fördern und zu erhalten, dient mit ihren vielseitigen und wirksamen Mitteln dem Erreichen optimaler Lebensumstände für den Menschen. Mit dem Ziel einer Steigerung der Gesamtkultur des Landes durch Anwendung aller wissenschaftlicher Erkenntnisse und durch ihre Vorsorge für kommende Geschlechter und den Bestand menschlichen Daseins in Stadt und Land, ist sie so alt, wie die Kultur und der Landbau selbst. Schon vor zweitausend Jahren schrieb Publius Vergilius Maro (298) *) in seiner Georgika:

„Wild wohl wächst es herauf, doch stark und fröhlichen Triebes,
was aus eigener Lust ins Licht des Tages hervorgeht;
wohnt doch im Grund ursprüngliche Kraft: wenn einer nun solche
pfropft und der so veredelte Baum in Gruben verpflanzt wird,
legt er beiseit die Sitte der Wildnis: treulicher Pflege
folgt er getreu, wohin ihn Kunst zu leiten gewillt ist. 2, 47–52

Aber bevor dein Karst die unerkundete Blache
blindlings furcht, versuche den Wind und die Launen des Himmels,
Väter-Gebrauch und Spruch und Art und Pflege der Hufen
inne zu werden, was jegliche trägt und jegliche weigert:
Hier wächst Weizen; und dort der Abhang lachet den Reben.
Baumfrucht sprosst am anderen Ort und Grüne der Wiesen
ganz von selber ; 1, 50–56

Freilich derselbige Grund vermag nicht alles zu tragen,
Weiden umbuschen den Strom, der Erlstrauch schlammigte Sümpfe,
Häupter der Felsen bekrönt die fruchtentbehrende Rüster
Myrthen ergetzt das Ufer des Meeres; und Bacchus am Ende
liebt sich den sonnigen Hang, Nordwind und Schatten die Eibe. 2, 109–113”

Im frühen Mittelalter war die Georgika für jene Mönche, die nach Norden zogen um das Christentum zu verbreiten, Lehrgedicht und Kulturanleitung „um die Wälder der wilden Länder zu roden und das Land zu kultivieren zur Aufnahme des Korns und der Rebe” (99, S.92). Ein Abglanz des vergilischen Liedes liegt noch auf Herders Erklärung der „zweiten freien Kunst”, der Kunst des Gartens, in dem großen Sinn verstanden, daß eine ganze Gegend in einen Garten verwandelt werde: „Ein Bezirk, wo jedes Land und Beet das Seine, in seiner Art das Beste trägt, und keine kahle Höhe, kein Sumpf und Moor, keine verfallene Hütte, keine unwegsame Wüstenei von der Trägheit ihrer Bewohner zeige – wo diese schöne Kunst ein Land verschönt, bedarf es keiner Bildsäulen am Wege: lebend kommen uns mit allen ihren Gaben Pomona, Ceres, Pales, Vertumnus, Sylvan, Flora entgegen” (115, S.23).

*) Die eingeklammerten Zahlen verweisen auf die Nummern des Schrifttumsverzeichnisses.

vorherige Seite Seitenanfang nächste Seite