Däumel::Archiv >> Gerd Däumel >> Geisenheim 1872–1972 >> Seite 10 | Impressum
Gerd Däumel, erschienen in "DAS GARTENAMT", Heft 8 und 9/1972
GEISENHEIM 1872—1972
Hundert Jahre Gartenarchitektur und Landschaftspflege

Die Dreißiger Jahre

Foto:
Hans HASLER

Nachfolger Glogaus wurde Hans Hasler [75], ein Schüler und langjähriger Mitarbeiter des bekan­nten Garten­gestalters Willy Lange aus Berlin. Nach einer Lehr­zeit in Schön­burg Mähren und dem Besuch der Höheren Lehr­anstalt für Garten­bau in Eisgrub 1923 bis 1915, kam Hasler auf die Kadetten­anstalt von Brünn. Kriegs­dienst leistete er von März 1915 bis zum Dezember 1918, seit 1.1.1917 als Leutnant. Nach dem Kriege studierte er erneut, und zwar diesmal in Dahlem (von 1919 bis 1920). Nach der Tätigkeit bei Garten­architekten in Laage/Westf. und Eisenach wurde Hasler Mitar­beiter Willy Langes in Berlin-Wannsee. Auf der Berufungs­liste des Ordinarius für Garten­kunst an der Land­wirtschaft­lichen Hoch­schule zu Berlin stand Hasler hinter Wiepking an zweiter Stelle. Noch im März hatte er an Muth geschrieben und um Aufschub gebeten, bis die Berufungs­sache in Berlin entschieden sei. Willy Lange hatte etwa um die Jahrhundert­wende mit dem Begriff "Garten­gestaltung" völkische Vorstel­lungen in die Diskussion um die Garten­kunst eingeführt. Dabei berief er sich zunächst auf H. St. Chamberlain, später auf F. K. Günther [76]. In einem persön­lichen Schreiben steht der Satz von "... meiner nordischen, rassen­mäßigen Grundlage der Garten­kunst" [77]. Sein eigener Beitrag war die Verwen­dung der Pflanzen­physiognomik in Planung und Bepflan­zung der Gärten. Diese auf Andeutungen Humboldts [78] und Bratraneks zurück­gehenden Vorstel­lungen verarbeitete Lange zu einem System, indem er im Garten unter Hinzunahme fremd­ländischer, physiognomisch passender Pflanzen­elemente Steigerung und Bereicherung zu erreichen suchte. In seinem letzten Buch, das 1927 erschien, bedankte sich Lange für die zeichnerische Mitarbeit Haslers und schreibt am Ende des Vorwortes: "Wenn der Gärtner merkt, daß eine Pflanze ihrem Lebensziel sich nähert, dann macht er noch zur rechten Zeit einen Steckling. So habe auch ich gehandelt, indem ich in meinem bewährten Mitarbeiter Hans Hasler einen Steckling von mir heranzog. Ich hege die bestimmte Erwartung, daß er mein Werk wurzelecht fortsetzen wird" [79]. Diesen Wunsch seines Meisters hat Hasler in mehrfacher Hinsicht erfüllt: Seine Lehre in Geisenheim basierte auf den Anschauungen und Erkenntnissen Willy Langes. Auch Halslers 1939 erschienenes Buch [80] war eine Fortsetzung und Weiterentwicklung der Gedankengänge Langes. So brachte Hasler für eine große Zahl "Leitpflanzen" listenförmige Gruppierungsangaben und direkte Bepflanzungspläne. Wichtig, und auch heute noch interessant ist seine wesentlich subtilere Einstellung zur Physiognomik, vor allem unter dem Eindruck pflanzengeographischer und ökologischer Arbeitsergebnisse und der entstandenen Pflanzensoziologie, deren Studium von Hasler dringend empfohlen wird. Auch der uralten Formel von der Vereinigung des Schönen mit dem Nützlichen, von Willy Lange noch einmal bestätigt, trug Hasler Rechnung, indem er sich in den Geisenheimer Mitteilungen mit einer Veröffentlichung über "Gartenplanung und Obstgehölze" vorstellte [81]. Hinsichtlich der Gestaltung von Monrepos nennt Hasler als Ziel und Aufgabe die Schaffung einer klaren Gliederung "... unter bewußter unterscheidender Herausstellung der baulichen und der natürlichen Gartenglieder: die Schaffung von gesetzlich "richtigen Pflanzenstandorten für die Pflanzencharaktere und für die Pflanzenphysiognomien" [82].

Obwohl Hasler offensichtlich wesentlich umgänglicher war als sein Vorgänger, den ein Kollege später als einen etwas "schwierigen Herrn" bezeichnete, blieb auch ihm der Zusammenstoß mit der Direktion nicht erspart. Als Hasler nach fünfjähriger Amtszeit darauf hinwies, daß seine Kollegen an den Schwesteranstalten alle in die Räte-Kategorie aufgestiegen seien (Schiller in Dahlem = Studienrat, Strunk in Pillnitz = Baurat und Wilczek in Weihenstephan = Landwirtschaftsrat) und um eine entsprechende Anhebung seiner Stellung bat (wobei geschickt das Parteiklavier gespielt wurde), befürwortete Rudloff den Antrag und leitete ihn unter Hinzufügung der anderen zwei Gartenbauoberlehrerstellen an das Ministerium weiter. In einem drei Tage später datierten Brief entschuldigte er sich jedoch bei dem Adressaten, dem Ministerialrat H. A. Meyer, und bat ihn "... dieses nicht für einen Akt der Undankbarkeit ... aufzufassen" [83]. Es war allerdings auch eine denkbar ungünstige Zeit für ein solches Vorhaben, denn wieder war Krieg und zu Beginn des Wintersemesters 1940/41 fehlten die Hörer für die Fachrichtung Gartengestaltung, so daß auch keine Lehrgänge mehr möglich waren. Es beginnt nun eine Art Odyssee, eine ständige Wanderung Haslers von einer Gartenbauschule zur anderen. Eine Versetzung nach Eisgrub lehnt er ab, worauf er zusammen mit Herrn Hilfslehrer Sulger nach Pillnitz abgeordnet wurde. Schon nach einem Jahr kehrte er aber nach Geisenheim zurück, da auch in Pillnitz der Unterricht eingestellt werden mußte.

Grafik:
Zwei Gartenentwürfe von Hans Hasler, von denen der eine den "natürlichen", der andere den "architektonischen" Aspekt der Gartengestaltung betont.
vorherige Seite Seitenanfang nächste Seite